Grenzen kennen

Selbstmedikation oder Arztpraxis?

Nur in unkomplizierten Fällen ist die Blasenentzündung ein Fall für die Selbstmedikation. Das heißt, du darfst zu keiner Risikogruppe gehören und die Entzündung darf noch nicht deine Nieren erfasst haben, sondern muss auf die ableitenden Harnwege begrenzt sein.

Risikogruppen bei denen es sich immer um einen komplizierten HWI handelt:

  • Bei Kindern und Männern
  • In der Schwangerschaft
  • Diabetes mellitus
  • Immunsuppression
  • Harnsteine (Urolithiasi)
  • Funktionelle oder anatomische Störung des Harntraktes, Entleerungsstörungen
  • Blasenkatheter
  • Vorausgehende Chirurgie des Harntraktes
  • Nierenfunktionsstörungen

Anzeichen, die auf einen komplizierten Verlauf hindeuten:

  • Allgemeines Krankheitsgefühl
  • Schmerzen in der Nierengegend
  • Fieber, Schüttelfrost
  • Blutiger Urin
  • Keine Besserung der Beschwerden nach 3-5 Tagen
  • Chronische und wiederkehrende HWI

Eine Selbstmedikation kommt also nur für Frauen ohne Risikofaktoren bei einer unkomplizierten Zystitis (klassische Blasenentzündung) in Frage. Die Spontanheilungsrate liegt hier bei 30 bis 50 Prozent innerhalb einer Woche.

Etwa 2 % der HWI sind definitionsgemäß komplizierte Infekte und gehören in ärztliche Behandlung.

Blasenentzündung: Grenzen der Selbstmedikation

Tipps für den Arztbesuch

Bei den Anzeichen einer Blasenentzündung bitte diese Fragen klären:

  • Gehöre ich zu einer Risikogruppe?
  • Gibt es Symptome oder Vorerkrankungen, die für einen komplizierten Verlauf sprechen?
  • Bestehen die Beschwerden schon länger als 3 bis 5 Tage?

Sobald du eine Frage mit JA beantworten kannst, dann bitte auf in die Arztpraxis.

Anamnese
Am besten erzählst du die Antworten auf obige Fragen auch in der Sprechstunde (sollte dein Arzt/Ärztin nicht ohnehin danach fragen). Wird ein unkomplizierter HWI diagnostiziert, wird sehr oft empirisch therapiert, z.B. mit einem gebräuchlichen Antibiotikum bei Blasenentzündungen.

Urinkultur
Insbesondere bei wiederkehrenden und bei allen komplizierten HWI sollte eine Urinkultur + Antibiogramm durchgeführt werden. Nur so kann herausgefunden werden, welchen Erreger du hast und welches Antibiotikum darauf sensibel (und nicht resistent) ist. Weitere Verfahren zur Diagnose sind z.B. Ultraschalluntersuchung und Blutbild.

Mein Tipp, wenn du zu rezidivierenden Blasenentzündungen neigst: Lass dir von deinem Arzt/Ärztin des Vertrauens ein AB für den Notfall mit nach Hause geben. Kann auf einer Reise oder über Wochenende/Feiertage eine willkommene Rettung sein oder einfach nur die Angst davor nehmen!

Persönliche Worte

Schon als Kind hatte ich mit HWI zu kämpfen. Nach einigen Jahren Pause kamen die Enzündungen dann durch sexuelle Aktivität leider wieder. Anfangs war ich echt blauäuig. Ich wusste damals nicht viel über Antibiotikaresistenzen, pflanzliche Arzneimittel, Urinteststreifen usw. Ein Antibiotikum folgte dem nächsten und dem nächsten ... ohne nachhaltig an meiner Situation etwas zu ändern.

Ganze 20 Jahre später weiß ich, wie meine Blase tickt und welchen Handlungsspielraum ich habe, bevor ich meinen Hausarzt aufsuche. Eine Abklärung beim Urologen/Urologin war auch extrem hilfreich für mich.

Also besser nicht jahrelang plagen, AB schlucken und rätseln, sondern gleich einen Arzt/Ärztin vom Fach aufsuchen, der dir und deinem Problem gerecht wird.

Mit der Zeit entwickelst du auch einen sechsten Sinn dazu. Du merkst, wenn der Infekt mit Hausmitteln & Co. nicht mehr wegzukriegen ist. Eine Blasenentzündung kann sich bis zu den Nieren ausbreiten und eine Nierenbeckenentzündung ist wahrlich kein Spaß.

Bei einem HWI in der Schwangerschaft bitte auch nicht mit dem Arztbesuch zögern, er kann z.B. zu Frühgeburten führen und muss behandelt werden. Selber Rumdoktern war während meiner Schwangerschaft für mich keine Option. Achtung: In einer Schwangerschaft kommt auch nicht jedes AB zur Behandlung in Frage.